In meiner Unterkunft fühle ich mich in die Wohnung meiner
Schwiegereltern versetzt. Sitz- und Fensterbank im Frühstücksraum sind
fast identisch. Die Bodenfliesen, die Möbel in meinem Zimmer, ja selbst
das Geschirr im Küchenschrank wäre austauschbar. Irgendwie heimelig...
Man muss schon pünktlich sein, wenn man einen Sitzplatz will. Es ist rappelvoll, aber auf der Empore werde ich fündig.
Der Taufstein oben im Bild stammt aus romanischer Zeit, die Apostelgruppe aus Holz aus frühgotischer Zeit, die Kanzel ist in der Renaissance um 1650 entstanden.
Die historischen Grabsteine ziehen die Touristen magnetisch an. Manche Lebensgeschichten, die erzählt werden, lesen sich spannend wie Krimis.
Am bekanntesten ist die
eines Mannes (Harck Oluf), der als Knabe von Türken bis in das
Osmanische Reich verschleppt wurde, als Muselmann zu Ruhm und Ehre
erlangte und letztendlich als reicher junger Mann zurückkehrte. Er wurde
wieder zum Christen, heiratete, wurde mehrfacher Vater auf Amrum. Und
wenn er nicht gestorben wäre...
Der Grabstein oben ist der von Harck Oluf, dem mit der spannendsten Lebensgeschichte in Stein gemeisselt.
Aber auch viele andere Grabsteine geben ebenfalls fesselnde Geschichten preis. Es sind vor allem Kapitänsfamilien, die durch Walfang zu Reichtum gelangt waren und deren Hinterbliebene sich so prachtvolle Steine leisten konnten..
Vorbei an schönen Friesenhäusern...
...will ich mir nun am Watt entlang bis nach Norddorf radeln. Es ist Ebbe.
Da wo gestern bei Flut ein Kormoran auf einem Pfosten saß und Ausschau hielt,
suchen jetzt Wasservögel im Schlick nach Nahrung.
Das
Fahren ist anstrengend, teils richtig nervig. Gegenwind. Sandige oft
enge Wege mit Gegenverkehr und lautlos von hinten auftauchende Raser.
Ich habe noch Beulen und blaue Flecken von meinem letzten
Fahrradsturz...
Nix los in Norddorf... jedenfalls da wo ich
auftauche. Lokale entweder geschlossen oder uninteressant. Der
empfohlene Fischbäcker hat sonntags zu...
Gereizt hätte
mich der Weg über den Damm zu den hohen Dünen und dem Meer, das nur in
Norddorf nicht so weit entfern ist, weil der Strand hier schmaler ist.
Aber das wäre mir aber heute zuviel gewesen...
Statt 1Stunde am Watt entlang nehme ich den Rückweg durch den Wald, der ist angenehmer.
Das Mittagessen habe ich mir nun redlich verdient, es geht heute ins Gasthaus Friedrich.
Der gebratene Fisch wird mit leckerem Spinat und Kartoffeln serviert. Geadelt wird das Ganze durch durch ein gutes WLAN.
Die Verdauungsfahrt geht zum Leuchtturm und dann noch eine Ecke weiter zu hohen Dünen mit wunderbar blühender Heide zur Landseite hin.
Wenn das Wasser nur nicht so weit weg wäre...
Erst
fährt man endlos, dann geht man endlos, bis man die Wellen endlich
erreicht hat. Zurück wird der Weg auch nicht kürzer ... Ächz und Stöhn
sind meine Begleiter.
Auf der Karte sehe ich erst später, dass ich schon fast in Wittdün war.
Auf dem Rückweg entdecke ich gleich 2 Windmühlen nahe beieinander. Zumindest eine der beiden ist 240 Jahre alt.
Die
Sonne deutet an und zu an, dass sie noch vorhanden ist und versteckt
sich schnell wieder hinter dem Einheitsgrau des Himmels.
Die nächste Belohnung winkt schon... das Friesencafe ...
...ist fast voll und es gibt keine Friedentorte mehr, aber der Quarkkuchen schmeckt dann auch gut.
Und... O Wunder!... WLAN gibt es auch...
Es reicht für heute...
Die
Enkel inspizieren später noch mein Zimmer und freuen sich über den
Kuchen, den meine Vermieter zu Ehren des Sonntags ihren Gästen spendiert
haben.
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